Motorenlärm. Adrenalin. Überforderung.


Das fasst das Wochenende sehr gut zusammen. Auch jetzt, wo ich mit ein wenig Zeitabstand daran zurückdenke, kann ich deutlich meine Emotionen, Eindrücke und Gedanken spüren. Aber mal kurz auf Anfang:


Ich bin Nathy, 26 Jahre alt und wollte unbedingt mal auf der Rennstrecke fotografieren. Nach einiger Suche habe ich versch. Accounts auf Instagram angeschrieben und gefragt, ob die Möglichkeit besteht deren Event zu begleiten. Tatsächlich habe ich anfangs viele Absagen bekommen aufgrund der fehlenden Erfahrung und der Tatsache, dass sie bereits einen Stammfotografen haben. Mike (auch Fotograf in der Szene) riet mir, dass ich mich beim Kurventeam melden soll. Ein paar Tage später hatte ich dann doch eine Zusage bekommen von dem Kurventeam und packte eine Woche später meine Taschen.

Tasche ist eigentlich übertrieben... es war ein BW Rucksack. Wechselwäsche, Speicherkarten, Kamera, Schlafsack und das Zelt passten problemlos hinein. Am Freitag Abend ging es dann mit unserer kleinen Knutschkugel Opel Agila (die man laut meinem Freund nicht als Auto bezeichnen darf) zum STC Motodrom Spreewaldring .


Ruhestörung.


Bereits bei der Ankunft war ich beeindruckt. Überall standen Pavillons, Wohnwagen, Anhänger und Motorräder. Nach dem ich einen freien Platz gefunden hatte, ging es an den 3 minütigen Aufbau von Zelt & Co. Durch meine spartanische Ausrüstung sah mein einzelnes Zelt ziemlich verloren neben dem Aufbau meiner Nachbarn aus, die natürlich mit Zelt/Anhänger/Pavillon/Motorräder und Auto ausgerüstet waren. Links und gegenüber standen Wohnwägen sowie ausgebaute Transporter als Camper. Sowie alles aufgebaut und verstaut war suchte ich nach der Anmeldung. Freundlich wurde ich begrüßt und gefühlt kannte mich von der Crew jeder. Mit zwei neonfarbenden Bändchen & Ablaufplan ging es für mich wieder zurück zum Zelt. Ehrlich gesagt, traute ich mich (noch) bei den Nachbarn nicht stehen zu bleiben und mich vorzustellen. Erfahrungsgemäß würde dies eh im Laufe des Wochenendes passieren und war ziemlich müde.

Im Rucksack suchte ich nach meinem Ebook Reader, der allerdings nicht auffindbar war. Frustriert legte ich mich in den Schlafsack und wartete darauf das ich einschlief. Ich war bereits im Dämmerzustand als mich Motorenlärm im Schlafsack fast senkrecht stehen ließ.


Mein Nachbar (Kim) war nicht durch die Dezibelprüfung gekommen und seine Maschine war zu laut. Also wurde logischerweise alles mögliche probiert, verbaut und getestet. Neben meinem Zelt, einen halben Meter neben meinem Kopf. Ich hörte viel Gefluche, Fachausdrücke, Verzweiflung und Ratschläge. Gefühlt standen 10 Leute um mein Zelt rum mit Dämmwolle, DBKiller uvm und halfen, wo sie konnten. An Schlaf war nicht mehr zu denken, aber aufgrund meiner Faulheit stand ich auch nicht auf.


Tatsächlich notierte ich meine ersten Eindrücke: Ruhestörung, Lärm, Hilfsbereitschaft.


Überforderung & Adrenalin


Morgens um 7 Uhr startete ich in den Tag, begrüßte meine Nachbarn und erkundigte mich, ob nun alles geklappt hatte bei der erneuten Messung. Die Messung verlief positiv und ich kam sofort ins Gespräch. Gemeinsam schlenderten wir über den Platz in Richtung Frühstück.

Leute, es war wie ein Buffet. Das Kurventeam hat sich nicht lumpen lassen. Es gab Brötchen, Belag, Konfitüre, Rührei, Kaffee uvm.

Selten habe ich ein so gutes Frühstück auf einem Event gehabt und ich war schon auf sehr vielen. Chapaeu!


Um 9.30 Uhr war die Fahrerbesprechung. Unauffällig ging ich durch die Menge und notierte sämtliche Regeln und Flaggenfarben inkl. Bedeutung. Ich bekam einen Streckenplan ausgehändigt und Mike sowie Norbert zeigten mir die besten Positionen zum fotografieren.

Nach etwas Fachsimpelei zog ich mir meine Warnweste an und bezog meine erste Position. Den Start machte die rote Gruppe.

Leute, ich glaube, ich habe noch nie mit meiner Kamera da gestanden und habe zu mir selbst gesagt: ,,Alter, ihr wollt mich doch verarschen?"

Es war laut, es war schnell. Die einzelnen Fahrer flogen so schnell an mir vorbei, dass ich froh war, wenn ich einen mal halbwegs scharf bekommen habe. Das Adrenalin schoss ein paar Sekunden später ein und ich wusste nicht wohin mit mir. Dazu kam, dass ich mich falsch positioniert hatte und ich durch einen Instruktor gebeten wurde meine Position zu wechseln. Ich hatte mich anstatt ins innere der Kurve fälschlicherweise außen hingestellt, wodurch natürlich ein enormes Risiko für mich im Falle eines Ausbrechens in der Kurve bestand.


Mein Ehrgeiz war geweckt: Ich will hier abliefern! Im Laufe des Tages gewöhnte ich mich an die Schnelligkeit, den Lärm und fand für mich die besten Winkel, Positionen und Einstellungen. In der Mittagspause wurde ich in einige Gespräche verwickelt und viele Fahrer halfen mir mithilfe des Streckenplans noch andere Positionen zu finden. Es war perfektes Fotowetter, durchgehend bewölkt, d.h. keine harten Schatten, gleichmäßige Bedingungen. Der Nachmittag verging wie im Fluge und mein Kopf dröhnte. Tagesergebnis: 1 Akku leer und 1,5 Speicherkarten voll.


Zum Abendessen wurde gegrillt mit leckeren Nudelsalat, Steaks und Saucen.

Was die Verpflegung an geht, bekommt das Kurventeam 5 Sterne von mir. Es ist schon ein riesen Aufwand solch ein Training zu planen und veranstalten. Aber dazu noch Verpflegung anzubieten ist nochmal eine andere Hausnummer. Als langsam Ruhe einkehrte, saß ich noch mit einigen Leuten auf der Strecke zusammen. Wir haben den Sonnenuntergang genossen und locker gequatscht. Natürlich hauptsächlich über Motorräder. Diesmal kamen mir schon einige Fach-/Szenenausdrücke bekannt vor und war nicht komplett verloren.


Stille Momente.


Nach dem ich am Samstag mich voll auf die Shots in Kurven und richtigen Einstellungen konzentriert hatte, probierte ich am Sonntag neue Blickwinkel zu finden zum Beispiel auf der Zielgeraden zu fotografieren oder durch die Absperrung auf die Strecke? Auch das Treiben in der Boxengasse fand ich interessant. Das konzentrierte fokussieren an der Einfahrt, das Mitfiebern der Zugehörigen oder der Umgang mit den Materialien. Da wurde mir bewusst, dass das Wesentliche im Rennsport die Geschwindigkeit ist, aber dieses ruhige, hilfsbereite Miteinander sehr viel mit einspielt. Beim nächsten Mal werde ich mich vermehrt auf die Boxengasse konzentrieren, weil es die stillen Momente sind, die festgehalten werden sollten. Vorher dachte ich, dass Rennsport ein Sport für Einzelkämpfer ist, aber es ist ein Teamsport. Sobald jemand Hilfe benötigt, stehen sofort 3 parat und der 4te holt Kabelbinder (was im Rennsport schon so natürlich am Mann getragen wird, wie sein Handy).


Ich bin dankbar, dass ich diese Erfahrung machen konnte. Ich habe soviel neues dazugelernt. Meine Kamera kenne ich jetzt noch besser als zuvor. Mein Hintern wird durch das ständige laufen, knien und hocken mehr trainiert als im Fitnessstudio. Soviel Herzlichkeit und Hilfsbereitschaft habe ich in keiner anderen Szene kennengelernt. Neue Kontakte haben sich ergeben und vielleicht werden diese über einen längeren Zeitraum auch Freundschaften. Danke an Tim vom Kurventeam, dass ich dabei sein durfte.


Ich bin ziemlich angefixt und ihr werdet mich nun hoffentlich öfter neben der Rennstrecke sehen!




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